Die Mentalitätsmonster von der Wartburg bleiben in der Beletage

ThSV Eisenach spielt auch nächste Saison in der 1. Handballbundesliga/ Demut steht weiterhin ganz oben/ Marko Grgic debütierte in der Nationalmannschaft und darf auf Olympia hoffen.

Jubel in der Eisenacher Kabine nach dem Heimsieg über die Rhein-Neckar Löwen - Foto: Ch. Heilwagen

Der kleine ThSV Eisenach hat eine große Geschichte geschrieben. Nahezu alle Experten hatten den Aufsteiger als sicheren Absteiger eingestuft. Doch das hatte die Wartburgstädter zusätzlich motiviert! Nach 32 Spieltagen und 24 erzielten Punkten stand der Klassenerhalt fest. Ein Erfolg, der nur dank außergewöhnlicher Mentalität gelang! Durstrecken, wie 7 Niederlagen vom 9. bis zum 15. Spieltag, wurden weggesteckt. Schmerzhaft die Niederlagen kurz hintereinander in Hessen, bei der HSG Wetzlar (30:31) und der MT Melsungen (26:27), als die Eisenacher das bessere Team waren. Die Lehren daraus führten zum Punktezuwachs.

Die Ausgangsposition mit einer jungen bundesligaunerfahrenen Mannschaft, dem niedrigsten Etat in der Millionen-Liga und der zweitkleinsten Halle war schwierig. Die mutige Abwehrtaktik von Trainer Misha Kaufmann konnte nie völlig entschlüsselt werden. Der Schweizer bereitete sein Team stets akribisch vor. Zum Schluss tappte sogar der European-League-Sieger SG Flensburg-Handewitt in die Falle. Die Wartburgstädter knöpften den Rhein-Neckar Löwen und dem SC DHfK Leipzig jeweils 4 Punkte ab. Sie wurden in keinem Spiel wirklich abgeschossen. Unglaubliche Flexibilität war angesagt. Entscheidend waren die Spieler, die einen unvergleichlichen Mannschaftsgeist entwickelten, ihr Spiel stetig verbesserten. Ein Trainer, der niemals nachließ, mit harter Hand forderte und förderte. Misha Kaufmann belegt die Entwicklung am Beispiel seines Kapitäns: „Peter Walz hat zum Ende der Saison kaum noch einen Zweikampf verloren, und das ohne viele Zeitstrafen wie zum Saisonbeginn.“ Der als möglicher Schlüsselspieler im Vorfeld der Saison gehandelte junge Rückraumspieler Marko Grgic nahm eine so rasante Entwicklung, dass er beim Testspiel gegen Schweden im Trikot der Nationalmannschaft auflief. „Mir war bewusst, dass er es mit seinem Potential durchaus in die Nationalmannschaft schaffen könnte, aber dass es so schnell geht, so kühn war selbst ich nicht“, bekannte Maik Nowak, der Sportliche Leiter, der sich mit Misha Kaufmann bestens ergänzt. Marko Grgic ist für die deutsche Nationalmannschaft zu den Olympischen Spielen nominiert.  Der in der Vorsaison beim HC Erlangen kaum zum Einsatz gekommene und deshalb per Zweitspielrecht in die Wartburgstadt ausgeliehene Manuel Zehnder eroberte mit 277 Treffern die Torjägerkrone der Liga. Unter den Fittichen seines Landsmannes Misha Kaufmann blühte der 24-jährige Rückraumspieler auf, verlor auch nach „Fahrkarten“ nicht das Selbstbewusstsein.

Das Netzwerk des ehemaligen DHB-Auswahltrainer Maik Nowak funktioniert bestens. Die im Saisonverlauf getätigten Nachverpflichtungen, Rückraum-Oldie Mait Patrail und der israelische Wirbelwind Yoav Lumbroso auf Rückraum Mitte, erwiesen sich als wichtige Puzzle zum Gesamterfolg.

Die richtige Symbiose

Die Symbiose zwischen Mannschaft und Fans, den sich im Saisonverlauf ebenso steigernden Mitarbeitern der Geschäftsstelle, Sponsoren und Partnern, der Unterstützung durch die Stadt Eisenach einschließlich der Hallenwarte, aber auch mit den vielen ehrenamtlichen Helfern, hebt Misha Kaufmann immer wieder als ganz wichtigen Grundstein hervor. Die Werner-Aßmann-Halle, der Thüringer Handballtempel, die wohl lauteste Halle der Liga, trägt ihre Lieblinge förmlich zum Erfolg. Nahezu 50.000 Zuschauer kamen. „In Eisenach wird Handball gelebt. Die ganze Region, ja ganz Thüringen ist stolz auf uns“, streicht der gerade im Ehrenamt des Vereinspräsidenten wieder gewählte Shpetim Alaj heraus. „Wir bleiben demütig“, betont der vielfach sozial engagierte Unternehmer, vor 30 Jahren als Flüchtling aus dem Kosovo nach Eisenach gekommen.

„Wir bieten ein erstklassiges Produkt an, sind Botschafter unseres schönen Thüringens.  Wir sind wirtschaftlich gesund. Auch dank vieler Sponsoren, die uns über ganz viel Jahre die Treue halten. Auch, als wir in die 3. Liga abgestiegen waren, die Pandemie unseren Fortbestand akut gefährdete“, betont Eisenachs Geschäftsführer Rene Witte. Er wird aber nicht müde zu betonen, ohne eine neue Spielstätte ist der ThSV Eisenach nicht zukunftsfähig. Das Projekt „Wartburg-Arena“ dümpelt seit mehr als 10 Jahren dahin. Der jetzt neu gewählte Oberbürgermeister und sein Stadtrat sind zu ihrem sportlichen Aushängeschild in der Verantwortung!

Zahl der Saison: 1.200

Mit einem Sonderzug (!), Sonderbussen und unzähligen PKWs fuhren 1.200 blau-weiße ThSV-Fans zum Derby nach Leipzig, zauberten Heimspielatmosphäre in die QUARTERBACK ARENA. Was für ein Handballfest! Und das alles friedlich! Das Eisenacher Team siegte 31:29 und trat die Rückfahrt mit den Fans im Sonderzug an. Handball-Deutschland staunte! „Ohne die Zusammenarbeit mit dem SC DHfK Leipzig war das nicht möglich“, richtet Rene Witte einen Dank an seinen Kollegen Karsten Günther.

Th. Levknecht

 

 

Kapitän Peter Walz trifft vom Kreis - sportfotoseisenach
Simone Mengon beim Torwurf - sportfotoseisenach
Geschäftsführer Rene Witte jubelt nach dem Derbysieg in Leipzig - sportfotoseisenach
Mit Marko Grgic besitzt der ThSV Eisenach wieder einen aktuellen Nationalspieler - Foto: Ch. Heilwagen